18. März 2024 | News

UN-Sonderbericht: Staatliche Unterdrückung von Umweltprotest gefährdet Menschenrechte und Demokratie

Der UN-Sonderberichterstatter für Umweltschützende kritisiert in einem neuen Positionspapier die staatliche Unterdrückung von Umweltprotesten. In fünf Punkten zeigt der Bericht aber auch, wie die Staaten dem entgegenwirken können.

In Österreich und anderen als fortschrittlich geltenden Ländern wird der Ton gegen Umwelt- und Klimaschützer:innen zunehmend rauer. Der UN-Sonderberichterstatter für Umweltschützende, Michel Forst, veröffentlichte im Februar 2024 ein Positionspapier zu staatlichen Reaktionen auf Umweltproteste. Darin stellt er fest, dass der derzeitige Umgang mit Umweltschützenden und Umweltprotesten in Europa eine Gefahr für die Demokratie und Menschenrechte ist.


Verantwortung der Medien
Für seinen Bericht führte der Sonderberichterstatter Erhebungen in mehreren europäischen Staaten durch. Dabei stellte sich als übergreifendes und demokratiegefährdendes Thema vor allem die Darstellung in den Medien heraus. Dort würde laut Sonderberichterstatter vor allem ein radikales, selbstbezogenes und fanatisches Bild von Umweltschützenden gezeichnet. Diese negative Darstellung bringe sie jedoch zunehmend in Gefahr, was sich anhand des Anstieges an gewalttätigen Vorfällen (z.B. Schlagen, Treten, an den Haaren von der Straße ziehen) zeigt. Auch Aussagen von Politiker:innen in Österreich werden im Bericht als Negativbeispiele dazu angeführt. Wenn Umweltschützende als Kriminelle dargestellt werden, dann fördere dies sowohl Gewalt durch die Bevölkerung als auch repressive Maßnahmen der Politik. Hier bringt der Sonderberichterstatter auch die Verpflichtungen von Medien als Unternehmen ins Spiel, die laut den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte Gefahren für die Menschenrechte vermeiden müssen.


Bedrohung in allen Bereichen der Staatsgewalt
Von staatlicher Seite werden Umweltschützende laut UN-Sonderberichterstatter sowohl auf der Ebene der Legislative, der Exekutive als auch von der Judikative massiv bedroht. In den letzten Jahren haben Gesetzgeber:innen zahlreiche Verschärfungen beschlossen, die sich gezielt gegen Umweltschützende richten. Dazu zählen z.B. stadtweite Protestverbote in Deutschland, die Einführung eines Öko-Vandalismus Gesetzes in Italien, bei dem Strafen von bis zu 5 Jahren verhängt werden können oder die Kriminalisierung von Anketten im öffentlichen Raum in Großbritannien. Auf Ebene der Vollziehung sei vor allem gewaltvoller Umgang mit Demonstrierenden zu beobachten. In Österreich wurde übermäßige Gewalt beim Auflösen von friedlichen Demonstrationen, an denen auch Kinder teilnahmen, angewandt und Pfefferspray eingesetzt. Auch die Einordnung von Umweltorganisationen als “Kriminelle Organisation” wird immer häufiger. Die Staatsanwaltschaft führte in Österreich strafrechtliche Ermittlungen gegen die Bewegung “Letzte Generation” als kriminelle Organisation durch. Die Ermittlungen wurden mittlerweile eingestellt. Aber auch durch die Gerichtsbarkeit werden die Rechte von Umweltschützenden merkbar beschränkt, indem unverhältnismäßig hohe Strafen verhängt werden, Verfahren sehr lange dauern oder Präventivhaft bzw. Untersuchungshaft ausgedehnt verhängt werden.
Empfehlungen für den Schutz von Umweltprotesten

Lösungen für Sicherheit von Umweltschützenden
Abschließend richtet sich der UN-Sonderberichterstatter mit fünf Aufforderungen direkt an die Staaten: Zentrale Aufforderung ist, sich mit dem Grundproblem, nämlich der Bekämpfung des Klimawandels auseinanderzusetzen. Weiters sollten Staaten gezielt dem Narrativ von Umweltschützenden als Kriminellen entgegentreten und den vermehrten zivilen Ungehorsam nicht als Rechtfertigung für die Einschränkung der Grund- und Menschenrechte verwenden. Bei allen Arten der Rechtsdurchsetzung müssen Staaten ihre Grund- und menschenrechtlichen Verpflichtungen einhalten, dies kann z.B. durch gezielte Trainings von Polizist:innen, wie man mit neuen Protestformen umgeht, verbessert werden. Schließlich sollten Staaten laut Sonderberichterstatter auch sicherstellen, dass Proteste nicht durch unverhältnismäßige Strafen, lange Gerichtsverfahren oder missbräuchliche Klagsführung gegen Umweltschützende eingeschränkt werden.

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