6. April 2022 | ÖKOBÜRO Aktuell

Wie Umweltverfahren verbessert werden können

ÖKOBÜRO hat gemeinsam mit dem Institut für Rechtswissenschaften der BOKU Wien untersucht, was gute Umweltverfahren und gute Genehmigungsbescheide ausmachen. 

Umweltverfahren werden in der öffentlichen Debatte oft kritisiert. Dabei dienen Umweltverfahren der Einhaltung von Umweltstandards, schützen Gesundheit und Lebensqualität und die Lebensgrundlagen künftiger Generationen. Außerdem schaffen sie Rechts- und Planungssicherheit für Projektwerbende in vielfältigen und komplexen Materien in verhältnismäßig kurzer Zeit. Darüber hinaus fördern gut geführte Verfahren die Akzeptanz der Betroffenen.

Nicht zuletzt wird auch die Forcierung einer Energiewende unter Schonung der Biodiversität, aber auch die Anpassung unseres Mobilitätsverhaltens die Umsetzung entsprechender Vorhaben notwendig machen. Dabei wird der Ausgestaltung und Führung von Umweltverfahren eine wichtige Bedeutung zukommen. ÖKOBÜRO hat gemeinsam mit dem Institut für Rechtswissenschaften der BOKU Wien untersucht, was gute Umweltverfahren und gute Genehmigungsbescheide ausmachen. Dabei haben sich folgende fünf Erfolgsfaktoren als besonders wichtig herauskristallisiert:

1.    Vollständige und qualitativ hochwertige Beurteilungsgrundlagen

Die jährlich rund 20 größten Bauprojekte Österreichs müssen einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) unterzogen werden. Dabei werden Auswirkungen auf die Umwelt unter Beteiligung der betroffenen Öffentlichkeit in einem konzentrierten Genehmigungsverfahren geprüft. Ein solches Großverfahren dauert, so auch der neue UVP-Bericht des BMK, derzeit im Schnitt rund 7,2 Monate ab Vollständigkeit der Projektunterlagen. Erst dann wird die Öffentlichkeit von dem Verfahren informiert. Wird die Vollständigkeitsprüfung mit einbezogen, also der Zeitraum vom Antrag bis zur Erlassung des Bescheides berechnet, dauert ein Verfahren derzeit rund 15,2 Monate. Damit zeigt sich auch, dass der größte Zeitfresser in den Verfahren unvollständige Unterlagen, nicht die Beteiligung der Öffentlichkeit oder Verfahrensfristen, sind.
Ein durchdachtes und gut abgestimmtes Projekt ist damit die Grundlage für ein erfolgreiches Umweltverfahren. Hier steht insbesondere die fachlich gute und vollständige Bewertung der Umweltauswirkungen im Vordergrund. Je fokussierter und genauer die Einreichunterlagen sind, desto konfliktfreier können diese beurteilt werden. Die für die Beurteilung erforderlichen Umweltdaten sollten möglichst umfassend vorliegen und für die Verfahrensbeteiligten auch zugänglich sein.

2.    Ausreichend personelle Ressourcen für die Führung von Umweltverfahren bei der Behörde

Umweltverfahren, insbesondere UVPs, sind sehr große und komplexe Verfahren an denen zahlreiche Parteien beteiligt sein können. Angesichts der beschränkten personellen und auch methodischen Ressourcen zur Verfahrens- und Verhandlungsführung bei den UVP-Behörden kann es zu Effizienz- und Effektivitätsverlusten kommen, welche die Verfahrensdauer negativ beeinflussen. Das betrifft auch Amtssachverständige, die in allen Fachbereichen für eine hochwertige Betreuung von Umweltverfahren zur Verfügung stehen müssen. Das ist derzeit aber nicht flächendeckend gewährleistet. Deshalb müssen die Ressourcen für Behörden und Amtssachverständige aufgestockt werden.

3.    Eine gute und frühzeitige Kommunikation, Information und Öffentlichkeitsbeteiligung

Eine klare und EU-rechtskonforme gesetzliche Festlegung von Beteiligungsrechten erhöht die Rechtssicherheit und die Planbarkeit von Verfahren für die Projektwerbenden. Außerdem fördert eine gute und frühzeitige Kommunikation und Information durch Projektwerbende und Behörden über das geplante Projekt und das durchzuführende Verfahren das Verständnis und die Akzeptanz für die Notwendigkeit des geplanten Projektes. 

4.    Gutes Verfahrensmanagement

Bei Umweltverfahren wie der UVP koordiniert und verantwortet eine Behörde das gesamte Verfahren (One-stop-Shop). Das ermöglicht nicht nur eine komplexe Gesamtbetrachtung von ineinandergreifenden Materien, sondern erleichtert durch eine Ansprechperson auch den Beteiligungsprozess.
Eine gute und transparente Verfahrensstruktur, vorausschauende zeitliche Planung und klare inhaltliche Vorgaben an Projektwerbende und andere Verfahrensbeteiligte sind dabei wesentliche Erfolgsfaktoren. Die Transparenz und Nachvollziehbarkeit des behördlichen Handelns helfen, um Verfahren planbarer und damit auch effizienter zu gestalten. In den Interviews der Studie wurde zudem betont, dass die Inanspruchnahme des fakultativen Vorverfahrens (wie es in der UVP möglich ist) ein gutes Instrument für die Gewährleistung einer guten Projektplanung und vollständiger Unterlagen sein kann. Das erhöht insgesamt die Planungssicherheit und spart Zeit und Ressourcen.

5.    Verbindliche und kohärente strategische Planungen

Strategische Planungen, etwa im Energiebereich oder in der Raumordnung, bieten einen übergeordneten Rahmen, in dem Grundsatzfragen (Bedarf, Varianten, Standortmöglichkeiten etc.) vorab geklärt werden können. Sofern diese Bindungswirkung auf Projektebene entfalten, entlasten sie die Genehmigungsverfahren, verringern die Kosten für etwaige Planänderungen oder Ausgleichsmaßnahmen im Nachhinein und leisten einen Beitrag zur Qualitätssteigerung.
Dabei wird die begleitende Durchführung einer strategischen Umweltprüfung (SUP) unter Beteiligung der betroffenen Öffentlichkeit als wichtig angesehen. Die SUP zeichnet sich durch eine Beteiligung der Öffentlichkeit im Planungsprozess, etwa bei Varianten- und Standortprüfungen, aus.
 

ÖKOBÜRO Broschüre: Umweltverfahren wirksam gestalten

ÖKOBÜRO Factsheet zu UVP-Verfahren