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© Pixabay
Die Stadt Wien präsentierte heute bei einem Pressetermin den Wiener Abfallwirtschaftsplan und das zugehörige Abfallvermeidungsprogramm für 2025-2030, welche am 10.12.2024 beschlossen wurden. Diesem Beschluss war ein breit angelegter Planungsprozess unter der Einbindung von Wissenschaft, Verbänden und Öffentlichkeit im Rahmen einer Strategischen Umweltprüfung (SUP) vorausgegangen, an der auch ÖKOBÜRO über mehrere Monate beteiligt war.
ÖKOBÜRO begrüßt die Entscheidung der Stadt Wien, bereits zum wiederholten Mal eine SUP im Bereich der Abfallwirtschaft durchzuführen. Denn gerade das gewählte Format der „SUP am runden Tisch“ eignet sich besonders gut zur Vorbeugung von Konflikten sowie zur kohärenten und langfristigen Planung.
Denn auch in der Abfallwirtschaft können, wie im Bereich der Energiewende oder bei Bauprojekten, Konflikte auftreten, die zu Fragen oder Unmut bei unterschiedlichen Gruppen führen können: „Ist ein neuer Standort für die Abfallbehandlung wirklich nötig?“ „Wieso gerade hier?“ „Ist das wirklich sicher und unbedenklich für mich?“. Daher ist ein strukturierter Prozess wichtig.
Besondere Vorteile durch Format „am runden Tisch“
Anders als in der „Minimal-Variante“ einer SUP können durch eine frühzeitige Einbindung relevanter Organisationen und Akteure am runden Tisch wichtige Grundsatzfragen geklärt, Alternativen geprüft und langfristig belastbare Lösungen gefunden werden. In Wien floss in die SUP beispielsweise die Expertise von Wissenschaftler:innen, aus der Abfallwirtschaftspraxis und von Umweltorganisationen ein, um Auswirkungen auf u. a. Umwelt und Bevölkerung so gering wie möglich zu halten und stets die bestmögliche Variante zu wählen.
Mit diesem Zugang kann eine SUP auch allfällige weitere Verfahren (z. B. Umweltverträglichkeitsprüfungen, UVP), die für bestimmte Vorhaben vorgeschrieben sind, beschleunigen und entlasten. Denn Konfliktthemen oder potenzielle Umweltauswirkungen wurden bereits aufgearbeitet und minimiert, bevor Zeit und Geld in die Detailplanung fließen. Das spart Zeit und schafft Rechts- und Planungssicherheit für Projektwerbende.
In Wien zeigte sich der Erfolg des SUP-Prozesses für die Konfliktvermeidung u. a. daran, dass sowohl bei der öffentlichen Auflage als auch bei der Vorlage an die Wiener Landesregierung nurmehr sehr wenige Fragen oder Anmerkungen aufkamen, die nicht bereits vom interdisziplinären und sektorenübergreifenden SUP- Team behandelt bzw. beantwortet worden waren.
Zukunftsfähige Planung heißt: SUP-Verfahren stärken
Die obengenannten positiven Effekte einer SUP werden jedoch massiv eingeschränkt, wenn der Prozess zu spät beginnt oder lediglich das Mindestmaß an Beteiligung durch eine kurze öffentliche Auflage umgesetzt wird. Gerade bei komplexen Themen wie Stromnetz- oder Erneuerbaren-Ausbau hat dieses Vorgehen wenig Wirkung auf die Belastbarkeit oder Akzeptanz von Maßnahmen. Eine frühzeitige Beteiligung am Runden Tisch kann dagegen ein hohes Maß an Zufriedenheit bei Planer:innen, Interessengruppen und der Bevölkerung ermöglichen.
ÖKOBÜRO plädiert in diesem Kontext dafür, dem Format der SUP am runden Tisch, wie es in Wien erfolgreich durchgeführt wurde, mehr Bedeutung beizumessen: Gerade bei Planungsprozessen im Bereich der Energiewende, beim Stromnetzausbau oder bei Infrastruktur- und Großprojekten wäre es wünschenswert, vermehrt Strategische Umweltprüfungen am runden Tisch durchzuführen. Zudem sollte die Regelung der SUP bundesweit präzisiert und vereinheitlicht werden (aktuell finden sich Bestimmungen in mehreren einzelnen Materiengesetzen). Ein SUP-Gesetz könnte dabei helfen, das wichtige Instrument der Strategischen Umweltprüfung zugänglicher und effektiver nutzbar zu machen.
Stimmen aus dem SUP-Team zur Wiener Abfallwirtschaft 2025-2023:
- Reinhard Siebenhandl, Präsident der Vereinigung öffentlicher Abfallwirtschaftsbetriebe:
“Durch die SUP am runden Tisch konnte die Expertise unterschiedlicher Stakeholder umfassend berücksichtigt werden, was
1. zu einer hohen Qualität des Plans führt,
2. eine sehr hohe Akzeptanz bei anschließenden Genehmigungsverfahren bewirkt und
3. ausgezeichnete Voraussetzungen schafft, um beschlossene Vorhaben umzusetzen, selbst wenn einzelne anfangs unpopulär sind.“
- Günther Friedl, Wien Energie GmbH:
“Akzeptierte und belastbare Pläne entstehen, wenn viele unterschiedliche Sichtweisen gehört und berücksichtigt werden. Die SUP am runden Tisch macht das möglich."
- Iris Tichelmann, Wiener Umweltanwältin:
“Bei der SUP zum Wiener Abfallwirtschaftsplan und zum Abfallvermeidungsprogramm beeindruckt mich die gute Gesprächskultur und dass alle gemeinsam an der besten Lösung für Wien arbeiten.“
- Jakob Lederer, TU Wien:
"Die Teilnahme als Experte bei der Strategischen Umweltprüfung zum Wiener Abfallwirtschaftsplan 2025-2030 und zum Wiener Abfallvermeidungsprogramm 2025-2030 war mir nicht nur eine große Ehre, sondern auch eine immense inhaltliche Bereicherung für meine Arbeit an der TU Wien. Dank der großartigen Vorbereitung, Moderation und Diskussionen der Strategischen Umweltprüfung kann ich meinen Studentinnen und Studenten nun viel besser näher bringen, wie man Kreislaufwirtschaft in einer Stadt wie Wien auch praktisch umsetzen kann."
Mehr erfahren:
- Informationen zum Wiener Abfallwirtschaftsplan und Abfallvermeidungsprogramm 2025-2030
- Pressemitteilung der Stadt Wien vom 20.2.2025
- Mehr über SUP-Verfahren auf der ÖKOBÜRO-Website
- Informationen zu SUP-Verfahren auf der Website der Stadt Wien
- Erfolgsfaktoren für Umweltverfahren: Empfehlungen für eine gute Praxis (ÖKOBÜRO 2023)