Hintergrund:
Am 12. Jänner 2025 konnten Wahlberechtigte in Kärnten über folgende Frage mit Ja oder Nein abstimmen: „Soll zum Schutz der Kärntner Natur (einschließlich des Landschaftsbildes) die Errichtung weiterer Windkraftanlagen auf Bergen und Almen in Kärnten landesgesetzlich verboten werden?“
Eine knappe Mehrheit der Befragten stimmte für ein Windkraftverbot. Es gab 76.527 Ja-Stimmen (=51,55 %) und 71.935 Nein-Stimmen (=48,45,%). Die Wahlbeteiligung lag bei 34,88 %.
(Quelle: Land Kärnten)
1. Was ist eine Volksbefragung?
Bei einer Volksbefragung wird die Meinung der Bürger:innen zu einem Gesetzesvorhaben eingeholt. Das Ergebnis ist – im Gegensatz zu einer Volksabstimmung - rechtlich nicht bindend. Der Prozess ist im Kärtner Volksbefragungsgesetz festgelegt. Um eine Volksbefragung in Kärnten zu initiieren, braucht es mindestens ein Drittel der Landtagsabgeordneten oder mindestens 7500 Wahlberechtigte zur Landtagswahl.
2. Ist die Volksbefragung verbindlich umzusetzen?
Nein, das Ergebnis einer Volksbefragung ist nicht verbindlich auf Landesebene umzusetzen.
3. War die Fragestellung korrekt?
Hinsichtlich der Fragestellung für eine Volksbefragung legt das Kärntner Volksbefragungsgesetz in § 2 Abs 2 fest, dass die Frage möglichst kurz, sachlich und eindeutig zu formulieren ist und keine wertenden Beifügungen enthalten darf.
Da aus der Fragestellung in Kärnten einerseits nicht klar hervorging, in welchen Gebieten ein Windkraftverbot verhängt werden soll und andererseits suggestive Elemente darin enthalten sind, gibt es bereits Ankündigungen, die Volksbefragung wegen Gesetzwidrigkeit vor dem VfGH anzufechten.
4. Darf das Land Kärnten ein komplettes Verbot von Windkraft landesgesetzlich verankern?
Es gibt in Österreich Ausbauziele für erneuerbare Energie, die einerseits von Seiten der EU vorgegeben wurden, andererseits aber auch bundesgesetzlich im EAG (Erneuerbaren-Ausbau Gesetz) und im NEKP (Nationaler Energie und Klimaplan) verankert sind. In den zugrundeliegenden Gesetzen wird nicht festgelegt, mit welchen Technologieformen die Ausbauziele in Österreich erreicht werden müssen. Die Bundesländer müssen jedoch alle solidarisch dazu beitragen. Den Ausbauzielen entgegenstehende Regelungen zu erlassen, würde dem Torpedierungsverbot widersprechen. Danach dürfen die Bundesländer keine Regelungen dazu treffen, die die Effektivität der Ziele des Bundesgesetzgebers beeinträchtigen. Es geht dabei also darum, wie die Erneuerbaren Ziele faktisch und unter Einhaltung der Umweltgesetze erreicht werden können. Dass dazu auch die Nutzung von Windenergie notwendig ist, liegt auf der Hand.
5. Muss Kärnten Beschleunigungsgebiete für Windkraft ausweisen?
Die EU-Erneuerbaren Richtlinie (RED III) sieht vor, dass die Mitgliedstaaten der EU mittels sogenannter Beschleunigungsgebiete für einen rascheren Ausbau der Erneuerbaren sorgen. In diesen Gebieten soll grundsätzlich keine Umweltverträglichkeitsprüfung für Projekte mehr notwendig sein. Österreich ist nach der Richtlinie verpflichtet, solche Gebiete in einem Ausmaß auszuweisen, dass den Ausbauzielen der Richtlinie und des NEKP entspricht. Darüber hinaus soll der Erneuerbaren-Ausbau möglichst umweltverträglich passieren, was eingriffsärmere Technologieformen notwendig macht.
Es gibt in der Erneuerbaren Richtlinie Ausschlussmöglichkeiten für Gebiete für Anlagen zur Verfeuerung von Biomasse und Wasserkraftanlagen, jedoch keine für Windkraft.
Der Bund muss die RED III auf gesetzlicher Ebene noch umsetzen. Ein Gesetzesentwurf wurde in der letzten Legislaturperiode vom BMK vorgelegt, scheiterte jedoch an politischen Unstimmigkeiten.
Fazit:
Eine Volksbefragung dient als rechtlich unverbindliches Stimmungsbild, vorrausgesetzt die Fragestellung entspricht den gesetzlichen Vorgaben und ist nicht suggestiv. Letzteres wird im Fall von Kärnten vermutlich noch den VfGH beschäftigen.
Feststeht: Der Ausbau Erneuerbarer Energien ist ein Balanceakt zwischen Klimaschutz, Naturschutz und gesellschaftlicher Akzeptanz. Gleichzeitig muss Österreich nach EU-Recht verbindliche Ausbauziele für erneuerbare Energien erfüllen. Wie dieses Problem gelöst werden kann und sich Konflikte vermeiden lassen zeigt ÖKOBÜRO seit Jahren. Gute Planung, effektive Beteiligung und effiziente Umweltverfahren sind die Schlüssel für eine naturverträgliche Energiewende, die gesellschaftlich akzeptiert wird.
Der Ausbau Erneuerbarer Energien ist ein Balanceakt zwischen Klimaschutz, Naturschutz und gesellschaftlicher Akzeptanz. Die gute Nachricht: Es gibt Lösungen!
Starke Umweltverfahren mit guter Planung und öffentlicher Beteiligung sind der Schlüssel für eine naturverträgliche Energiewende mit gesellschaftlichem Rückenwind. Beispiele aus dem Burgenland zeigen, dass Windkraft am runden Tisch strategisch geplant werden kann. Hier legt ein Team aus Vertreter:innen der Behörden, Raumplanung, Umweltanwaltschaft und Zivilgesellschaft im Konsens geeignete Flächen für Windkraftanlagen fest. Dabei werden auch Abstände zu Vogelkorridoren berücksichtigt, die für nachfolgende Genehmigungsverfahren gelten.
Das Ergebnis: Bei mehr als 30 Windkraftverfahren gab es bisher nur eine Einwendung, die durchschnittliche Verfahrensdauer vom Antrag bis zum Bescheid liegt bei 6,8 Monaten.