14. November 2024 | Stellungnahme, News

ÖKOBÜRO kritisiert geplante Demontage der Umweltanwaltschaft in Salzburg

In einem Entwurf sieht die Salzburger Landesregierungen weitrechende Beschränkungen der Landesumweltanwaltschaft vor. Die geplante Gesetzesnovelle ist höchst bedenklich für den Umweltschutz und führt aus Sicht von ÖKOBÜRO zu mehr Rechtsunsicherheit in Salzburg.

In der bereits zweiten Naturschutz-Novelle dieses Jahr will die Salzburger Landesregierung den Umwelt- und Naturschutz weiter erheblich schwächen. Künftig soll die Landesumweltanwaltschaft (LUA) auf Ebene der Beteiligung und des Rechtsschutzes etliche Rechte verlieren. Besonders schwerwiegend ist der komplette Entfall des Revisionsrechts an den Verwaltungsgerichtshof (VwGH).

Mitte Oktober legte die Salzburger Landesregierung einen Entwurf für eine Novelle des Naturschutzgesetz 1999, Landesumweltanwaltschafts-Gesetz, Salzburger Nationalparkgesetz, Umweltschutz- und Umweltinformationsgesetz, Salzburger Raumordnungsgesetz, Jagdgesetz 1993, Salzburger Campingplatzgesetz, Salzburger Einforstungsrechtegesetz und Salzburger Flurverfassungs-Landesgesetz vor.

Gravierende Rechtseinschränkungen

Demnach soll die LUA etliche Beteiligungsrechte verlieren. Sie wird aus allen Verfahren zu Landschaftsschutzgebieten, zur Flurbereinigung und in Verfahren zur Feststellung von artenschutzrechtlichen Minderungsmaßnahmen (CEF-Feststellungsverfahren) ausgeschlossen. Die gravierendste Einschränkung ist jedoch der komplette Entfall des Revisionsrechts an den VwGH. Damit kann die LUA künftig keine Klärung grundsätzlicher Rechtsfragen beim VwGH mehr erwirken.

Vorgeschobene Argumente der Landesregierung

Die Landesregierung argumentiert fadenscheinig mit "Vereinfachung" und "Beschleunigung" von Verfahren. Dabei ist nachgewiesen, dass die Hauptgründe für langsame Verfahren ganz andere sind: Unvollständige oder schlechte Unterlagen, mangelnde vorausgehende Planung und fehlende Behördenressourcen sind laut den UVP-Berichten der letzten Jahre und einer Studie von ÖKOBÜRO und der Universität für Bodenkultur die wichtigsten Stellschrauben, um Verfahren effizienter zu machen.

Tatsächlich sorgt die LUA durch ihre Expertise dafür, dass Projekte verbessert und in Genehmigungsverfahren naturverträgliche Alternativen und Kompromisse gefunden werden. Mit ihrem naturschutzfachlichen Input enlastet sie die Naturschutzbehörden in vielen Verfahren. Diese Service-Funktion wird die LUA nun nicht mehr wahrnehmen können.

Rechtsstaatlich höchst bedenklich

Auch ein Blick auf die Zahlen zeigt, dass die LUA äußerst bedacht agiert. Lediglich in etwa der Hälfte der Verfahren bringt sich die LUA in der ersten Instanz ein. Lediglich in 10 Verfahren pro Jahr legt sie Beschwerde ein. Nur besonders umstrittene Projekte kommen unter strengen Zulässigkeitskriterien durch die LUA mittels Revision an den VwGH, nämlich ca. ein bis zwei pro Jahr.

Ist eine solche Revision erfolgreich, bedeutet das, dass nachweislich im Genehmigungs- oder Verwaltungsgerichtlichen Verfahren gegen geltendes Recht verstoßen wurde. Es findet also eine juristische und inhaltliche Kontrolle der Entscheidungen durch das Höchstgericht statt. Dementsprechend ist es aus rechtsstaatlicher Sicht höchst bedenklich, wenn solche Verfahren künftig nicht mehr durch die LUA angestoßen werden können. Zusätzlich führt das Fehlen des Revisionsrechts in weiterer Folge auch zu erhöhter Rechtsunsicherheit bei Betreibenden, da grundsätzliche Rechtsfragen auch für künftige Verfahren nicht geklärt werden.

Die Umweltanwaltschaft als wichtige Vermittlerin

Die „Erfindung“ der Umweltanwältinnen und -anwälte gilt eigentlich als Erfolgsgeschichte und Antwort auf die teils heftigen Umweltkonflikte der 1970er und 80er-Jahre. In Folge der Hainburger Au-Besetzung rief die Politik die Umweltanwaltschaften ins Leben, um im öffentlichen Auftrag die Interessen des Umwelt- und Naturschutzes zu vertreten. So wurde die LUA in Salzburg, wie in den anderen Bundesländern auch, als gesetzliche Vertretung der Interessen des Natur- und Umweltschutzes eingerichtet. Gerade in Zeiten der Klima- und Biodiversitätskrise ist diese Funktion wichtig. Wenn Großprojekte umgesetzt werden braucht es neben den Projektwerbenden mit individuellen wirtschaftlichen Interessen eine Stimme für die Natur, die damit auch kollektive Interessen am Schutz der Umwelt vertritt. Hier geht es um Ausgewogenheit und Augenhöhe.

ÖKOBÜRO fordert daher die Salzburger Landesregierung dazu auf, den vorliegenden Entwurf zurückzunehmen und die gravierenden Einschnitte in den Naturschutz in Salzburg nicht vorzunehmen. Gerade angesichts der akuten und fortschreitenden Klima- und Biodiversitätskrise, und den verstärkten Verpflichtungen unter der bereits in Geltung stehenden Wiederherstellungsverordnung, ist starker Naturschutz essenziell.

Zur Stellungnahme