Die Wiener Landesregierung legte Mitte Juni einen Gesetzesentwurf vor, der die Beteiligungs- und Beschwerderechte von Umweltschutzorganisationen in Naturschutzverfahren erweitert. Dies passiert in Umsetzung der österreichischen Pflichten aus der Aarhus-Konvention, die bereits vor Jahrzehnten notwendig gewesen wäre. Nur nach erneutem Drängen der Europäischen Kommission im Rahmen eines Vertragsverletzungsverfahrens gegen Österreich begann die Wiener Landesregierung mit der Umsetzung.
Dabei werden Beteiligungs- und Beschwerderechte aber ausschließlich auf europarechtlich geschützte Güter im Naturschutz beschränkt, weil die Europäische Kommission aufgrund ihrer eingeschränkten Kompetenz Österreich nur dazu auffordern darf. Die Aarhus-Konvention ist jedoch für Österreich nicht nur europarechtlich, sondern auch aufgrund ihres Status als völkerrechtlicher Vertrag verpflichtend. Es ist weder sachlich nachvollziehbar, wieso in Bezug auf europarechtlich geschützte Arten und Lebensräume mehr Rechte der Öffentlichkeit bestehen sollten, noch annehmbar, dass Österreich hier gegen völkerrechtliche Pflichten verstößt.
Mit einem rückwirkenden Beschwerderecht will die Landesregierung die Europarechtswidrigkeit der alten Regelung sanieren. Allerdings ist eine solche nachträgliche Überprüfungsmöglichkeit von Behördenentscheidungen wirkungslos, weil geschützte Arten und Lebensräume in der Zwischenzeit bereits beeinträchtigt wurden. Das zeigt, welche gravierenden Auswirkungen die verspätete Umsetzung der Aarhus-Konvention mit sich bringt.
Die Wiener Landesregierung wird daher aufgefordert, den Entwurf zu überarbeiten und die Beteiligungs- und Beschwerderechte von Umweltschutzorganisationen völkerrechtskonform auszuweiten.