25. November 2021 | NEWSFLASH Umweltrecht

Das Kraftwerk Schwarze Sulm beschäftigt erneut die Gerichte: Rechte von Umweltschutzorganisationen gestärkt

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) entschied im September, dass die Einwände von ÖKOBÜRO und dem WWF im Verfahren gehört werden müssen. Damit geht der Fall erneut zurück an das Landesverwaltungsgericht und der Rechtsschutz wird höchstgerichtlich gestärkt.

Projektänderungen begründen Prüfpflicht

Das 2007 erstmals wasserrechtlich bewilligte Kraftwerk Schwarze Sulm hat seitdem zahlreiche Projektänderungen erfahren, die Wasserfassung wurde verlegt, das Einzugsgebiet geändert und die Verbindung mit dem geplanten Kraftwerk Koralm hergestellt und dann doch wieder gekappt. Diese Änderungen unterliegen, sofern sie sich auf das Gewässer auswirken, natürlich einer Prüfpflicht und damit auch dem Rechtsschutz der der Öffentlichkeit zusteht. Werden die Projektänderungen derart erheblich, dass sie das Projekt in seinem „Wesen“ betreffen, so kann ein „aliud“ vorliegen. Dann wäre die gesamte Prüfung erneut durchzuführen und das nach der aktuellen Rechtslage unter Beteiligung der betroffenen Öffentlichkeit. Ob also aufgrund diverser Änderungen ein solches „aliud“ vorliegt, ist eine relevante Frage für das gesamte Verfahren. So begründeten die Umweltschutzorganisationen ihr Vorbringen an den VwGH, der nun diesen Vorbringen folgte und das Projekt zur neuerlichen Prüfung an das Landesverwaltungsgericht (LVwG) übermittelte.

Der VwGH hob damit die Entscheidung des LVwG Steiermark auf und macht auch Verfahren zur Bewilligungsänderung nach § 21 WRG für Rechtsschutz zugänglich. Der Gerichtshof entschied dazu: „Das über die vorgelegten Projektsunterlagen nachfolgend abgeführte Bewilligungsverfahren stellt zwar seinerseits einen Teil des § 21a WRG 1959-Verfahrens dar (vgl. neuerlich VwGH Ro 2014/07/0095) ändert jedoch nichts daran, dass es sich dabei um ein wasserrechtliches Bewilligungsverfahren handelt, in dem (auch) die Frage zu klären ist, ob durch das auf der Grundlage der Projektsunterlagen anzupassende Vorhaben ein möglicher Verstoß gegen aus dem Unionsumweltrecht hervorgegangene Rechtsvorschriften vorliegt (vgl. nochmals VwGH Ra 2018/07/0380 bis 0382). In diesem Umfang kommt Umweltorganisationen in einem solchen wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren ein Recht auf Überprüfung zu.“ Mit anderen Worten: der Rechtsschutz, der sich aus der Aarhus Konvention ergibt, erstreckt sich auch auf Verfahren über Projektänderungen. Eine unionsrechtlich begründete Ausweitung gegenüber dem Gesetzestext des Wasserrechtsgesetzes (WRG).

Die Folgen

Das Verfahren zur Schwarzen Sulm geht also weiter, die Kontrolle durch das LVwG Steiermark wird sich auch mit der Frage beschäftigen, ob die Änderungen im Projekt die Grenze der Wesentlichkeit eines aliud erfüllen und das unter Verfahrensbeteiligung von Umweltschutzorganisationen. Relevant ist diese Entscheidung auch dahingehend, dass eine Ausweitung des Rechtsschutzes über das bestehende WRG hinaus erfolgte. Und das sowohl über dessen inhaltlichen Umfang, also auch § 21 WRG, als auch den zeitlichen, war doch das Verfahren aus einer Zeit vor den Übergangsbestimmungen des WRG.

Steiermark im Blick der WKStA

Auswirkungen auf den konkreten Fall könnten auch die Ermittlungen der WKStA über die angeblich illegal beeinflussten Projektgenehmigungen der Behörde in bestimmten Umweltverfahren. So sollen laut Medienberichten Kanzleien bzw. Planungsbüros Entscheidungen der Behörden selbst verfasst und diesen nur noch zur Genehmigung vorgelegt haben. Eine Verbindung zum Fall Schwarze Sulm ist derzeit noch nicht bekannt, laut Berichten sollen aber mehrere Umweltverfahren des Landes Steiermark betroffen sein. Eine rasche und vollumfängliche Aufklärung der Vorwürfe ist auch im Sinne des Umweltschutzes jedoch unerlässlich. Für alle Betroffenen gilt die Unschuldsvermutung.

Weitere Informationen:

Erkenntnis des VwGH im Fall Schwarze Sulm Ra 2020/07/0056

Beitrag zur Schwarzen Sulm am Umweltrechtsblog

ÖKOBÜRO Presseaussendung zu den Ermittlungen der WKStA in der Steiermark