17. Mai 2021 | NEWSFLASH Umweltrecht

Das Chaos der Kundmachungsplattformen

Mit der schrittweisen Umsetzung der Aarhus Konvention in den Bundes- und Landesgesetzen wurden zahlreiche Online-Plattformen geschaffen, auf denen Behörden Bescheide zustellen und Verfahrensschritte kundmachen können. Für Umweltschutzorganisationen beginnen mit der Zustellung Fristen zu Verfahrungsbeteiligung und Rechtsmittelfristen zu laufen. Uneinheitliche Bestimmungen sowie die Unübersichtlichkeit der Plattformen erhöhen jedoch die Gefahr, Schriftstücke zu übersehen und Fristen zu verpassen. ÖKOBÜRO fordert daher eine einheitliche Lösung für Kundmachungen und Zustellungen.

Aarhus Konvention verlangt niederschwelligen Zugang zu Verfahrensdokumenten

Aufgrund der Aarhus Konvention sind Umweltschutzorganisationen an Verfahren in Umweltangelegenheiten zu beteiligen und sind ihnen Rechtsschutzmöglichkeiten einzuräumen. Auch wird in einer Entscheidung der Vertragsstaatenkonferenz der Aarhus Konvention (ECE/MP.PP/2017/2/Add.1) festgehalten, dass ein effektiver Zugang zu Umweltinformationen für die Öffentlichkeit ausschlaggebend ist für die Umsetzung der Sustainable Development Goals und dass dafür moderne elektronische Kommunikationsmittel notwendig sind. In Umsetzung dieser Vorgaben haben daher sowohl der Bund als auch die Länder in den letzten beiden Jahren eigene Kundmachungsplattformen im Internet geschaffen, auf welchen Bescheide, Verfahrenskundmachungen und andere relevante Schriftstücke vor allem in Naturschutz- sowie jagd- und fischereirechtlichen Verfahren bereitgestellt werden. In den Draft updated Recommendations on the electronic information tools (AC/TF.AI-7/Inf.3) wird ein benutzerfreundlicher, one-stop Web-Zugangspunkt empfohlen, welcher sich an den Benutzer anpassen lässt und laufend modernisiert wird. Die von Bund und Ländern jeweils separat eingerichteten Online-Plattformen sind jedoch weit davon entfernt, diesen Anforderungen gerecht zu werden.


Einheitliche Kundmachungsplattform für Gewährleistung effektiver Beteiligung von Umweltschutzorganisationen notwendig

Es ist nicht nur die Vielzahl an Plattformen, welche jeweils eigene Zugangsdaten erfordern, die in der Praxis Schwierigkeiten bereitet. Auch sind die einzelnen Plattformen unterschiedlich – zum Teil sehr unübersichtlich – aufgebaut. Für Umweltschutzorganisationen, die sich in mehreren Regionen für den Umweltschutz engagieren, bedeutet dies, dass sie sich regelmäßig durch mehrere Plattformen kämpfen müssen, um die für ihren Tätigkeitsbereich relevanten Verfahren zu finden. Die größte Schwierigkeit jedoch bilden jene Plattformen, auf denen nicht einmal das Bereitstellungsdatum der Dokumente erkennbar ist. Denn gerade mit der Zustellung des Schriftstückes, die wiederum über die Bereitstellung im Internet fingiert wird, beginnen für Umweltschutzorganisationen Fristen zur Beteiligung und Beschwerdeeinreichung zu laufen. In diesem Zusammenhang ist auch anzumerken, dass die Zustellfiktionen sowie Beteiligungs- und Rechtsmittelfristen pro Land und Materiengesetz verschieden geregelt sind. Es kann daher nur die Frage gestellt werden, inwiefern ein zehnfach unterschiedlich ausgestaltetes Verfahrensrecht zur Umsetzung ein und derselben völkerrechtlichen Vorgabe – nämlich der Einführung von Beteiligungsrechten für Umweltschutzorganisationen gem. Art 6 Abs 1 lit b Aarhus Konvention – mit dem Gleichheitssatz in Einklang zu bringen ist. Sowohl die unterschiedlichen Fristen als auch die mangelhafte Handhabung der Kundmachungsplattformen führen zu erheblichen Rechtsunsicherheiten für Umweltschutzorganisationen sowie zugleich für ProjektwerberInnen und AntragstellerInnen in laufenden Verfahren.

ÖKOBÜRO hat daher Lösungsvorschläge erarbeitet, welche die Sichtung der Kundmachungen vereinfachen und zu einer Erhöhung der Rechtssicherheit führen sollen. Allen voran schlagen wir vor, eine einheitliche Bestimmung zu Kundmachungen und den daran anknüpfenden Zustellungs- und Beteiligungsfristen für sämtliche Verfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung ins AVG aufzunehmen. Zudem finden wir eine einheitliche Plattform für Kundmachungen des Bundes und der Länder sinnvoller. Wird auf Beibehaltung der unterschiedlichen Plattformen bestanden, sind diese zumindest einheitlich aufzubauen. Konkret soll es eine übersichtliche Gliederung der Verfahren mit der Möglichkeit geben, diese nach Datum zu sortieren. Die einzelnen Schriftstücke sind eindeutig zu beschriften und es ist bei jedem der Dokumente das Bereitstellungsdatum klar ersichtlich zu machen. Eine Schulung der Behörden zur Aarhus Umsetzung und den damit einhergehenden Kundmachungsplattformen soll ferner gewährleisten, dass die Kundmachungen richtig gehandhabt werden.


Weitere Informationen:

ÖKOBÜRO Positionspapier
Umweltrechtsblog-Artikel zur Aarhus-Umsetzung in den Bundesländern
Draft updated Recommendations on the electronic information tools (AC/TF.AI-7/Inf.3)
(in englischer Sprache)