Aktuellen Medienberichten zufolge entschied das Bezirksgericht Linz vergangene Woche, dass die Versammlungsleitung des „Bündnis Linz gegen rechts“ für Sachbeschädigungen Dritter während einer Demonstration zivilrechtlich aufzukommen hat. Dieses aufsehenerregende Urteil stellt eine massive Einschränkung des Versammlungsrechts dar.
Es ist zu erwarten, dass die Betroffenen gegen das Urteil Berufung an das Landesgericht Oberösterreich erheben. Auch ein weiterer Verfahrensgang zum Obersten Gerichtshof (OGH), zum Verfassungsgerichtshof (VfGH) oder an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) ist nicht ausgeschlossen.
Anhand der bisher zur Verfügung stehenden Informationen vertritt ÖKOBÜRO den Standpunkt, dass das Ergebnis nicht korrekt ist und von einer höheren Instanz vermutlich aufgehoben werden wird.
Zum Schadensvorfall kam es im Zuge einer Demonstration im Oktober 2016, als Demonstrierende zwei Gebäude mit Farbbeuteln bewarfen. Dabei griff die Polizei ein um Sachschäden zu vermeiden. Aufgrund des polizeilichen Eingriffs konnte die Versammlungsleitung davon ausgehen, dass keine Auflösung nötig war. Das Bezirksgericht hingegen begründet die Haftung der Versammlungsleitung damit, dass Zutrittskontrollen erforderlich gewesen wären.
Da zum Wesen einer Versammlung – im Gegensatz zu sonstigen Veranstaltungen – gehört, dass diese „offen“ ist, sieht ÖKOBÜRO hier einen Widerspruch zum Versammlungsrecht. Darüber hinaus ist fraglich, worin das Gericht ein rechtswidriges Handeln der Versammlungsleitung sah.
Rechtlicher Hintergrund:
- Jede Versammlung muss 48 Stunden vor Beginn angezeigt werden, oder es ist eine „Spontanversammlung“. Bei der Anzeige ist eine Versammlungsleitung bekannt zu geben. Diese Person ist vor Ort die Ansprechpartnerin/der Ansprechpartner der Polizei.
- Die Versammlungsleitung ist dafür verantwortlich, mit der Polizei die Demonstration abzustimmen und darauf zu achten, dass alles in geordnet verläuft. Dazu kann sie sich „Ordnerinnen/Ordnern“ bedienen.
- Sollte die Versammlung außer Kontrolle geraten, hat die Leiterin/der Leiter diese aufzulösen, wodurch die Versammlung endet. Erfolgt das nicht, kann eine Haftung entstehen. Dies insbesondere dann, wenn es einen Zusammenhang zwischen Ausschreitungen und der Versammlungsleitung gibt („Anstiften, o.ä.“).
Quelle: Demoteilnehmer warfen Farbbeutel: Veranstalter müssen zahlen - derstandard.at, 24. Juni 2019