14. Mai 2019 | NEWSFLASH Umweltrecht

Generalanwältin bejaht Recht auf Überprüfung von Aktionsprogramm nach der Nitra-Richtlinie

In ihrem Schlussantrag  kommt Generalanwältin Juliane Kokott zu dem Schluss, dass eine Einzelperson, eine niederösterreichische Gemeinde und ein öffentliches Wasserversorgungsunternehmen von den Nitrat-Verunreinigungen des Grundwassers unmittelbar betroffen sind und daher die Nicht-Einhaltung der Nitrat-Richtlinie der EU anfechten können.

Antrag auf Änderung des Nitrat-Aktionsprogramms

In ihrem Schlussantrag vom 28. März 2019 in der Rechtssache C-197/18 kommt Generalanwältin Juliane Kokott zu dem Schluss, dass eine Einzelperson, eine niederösterreichische Gemeinde und ein öffentliches Wasserversorgungsunternehmen von den Nitrat-Verunreinigungen des Grundwassers unmittelbar betroffen sind und daher die Nicht-Einhaltung der Nitrat-RL der EU (91/676/EWG) anfechten können.

Anlassgebend waren Überschreitungen der Nitrat-Grenzwerte im Grundwasser, was dazu führte, dass eine Einzelperson, eine Gemeinde und ein Wasserversorger das Wasser ihrer jeweiligen Brunnen nicht mehr als Trinkwasser nutzen konnten. Sie beantragten daher beim ehemaligen Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (heutiges Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus) eine Änderung des Aktionsprogramms zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigung durch Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen. Diese Anträge wurden vom Bundesministerium als unzulässig zurückgewiesen, in der Folge erhoben die Antragstellenden Beschwerde an das Verwaltungsgericht Wien. Dieses stellte daraufhin zur Auslegung der Nitrat-RL ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH und zwar insbesondere zum Vorliegen einer unmittelbaren Betroffenheit bzw eines subjektiven Rechts auf Änderung des Aktionsprogramms. 

Auslegung durch die Generalanwältin

Nach Ansicht der Generalanwältin sind die Antragstellenden durch die Grenzwertüberschreitungen – unabhängig von einer konkreten Gesundheitsgefährdung – in der rechtmäßigen Nutzung ihrer Brunnen zur Trinkwassergewinnung beeinträchtigt und somit unmittelbar betroffen. Sie können sich daher auf eine Einhaltung des Grenzwerts der Nitrat-RL berufen. Die Ableitung von Stickstoffverbindungen aus landwirtschaftlichen Quellen trägt zwar erheblich zu den Verunreinigungen bei, sodass die Maßnahmen des Aktionsprogramms genau auf eine Verhinderung/Verringerung dieser Ursachen abzielen müssen, doch haben die Mitgliedsstaaten einen Ermessensspielraum bei der Wahl der Maßnahmen. Bei der Überprüfung der Aktionsprogramme müssen die Gerichte aber zumindest prüfen können, ob offensichtliche Beurteilungsfehler vorliegen, alle relevanten Gesichtspunkte untersucht wurden, die Grenzen des Ermessens respektiert und verfahrensrechtliche Anforderungen wie die Begründungspflicht eingehalten wurden.

Der EuGH folgt in seinen Urteilen in der Regel den Schlussanträgen der Generalanwältin/des Generalanwalts, die Entscheidung bleibt dennoch gespannt abzuwarten und wird in den nächsten Monaten ergehen. 

Hintergrund

Die Belastung des Grundwassers mit Nitrat führt nicht nur zu einer Überversorgung der Ökosysteme mit Nähstoffen, sondern ist auch mit gesundheitlichen Risiken verbunden. Daher legen sowohl die Nitrat-Richtlinie als auch die Trinkwasser-RL einen Grenzwert von 50mg/l fest. Die Nitrat-RL sieht des Weiteren vor, dass gefährdete, also von Verunreinigungen (potentiell) betroffene Gebiete auszuweisen oder ausnahmsweise Aktionsprogramme im gesamten Gebiet des Mitgliedsstaates durchzuführen sind. In Österreich hat man sich dazu entschieden, Gewässerverunreinigungen durch ein Aktionsprogramm zu verringern, wobei es im Wesentlichen um zeitlich befristete Verbote für die Ausbringung von Düngemitteln geht.

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