16. März 2019 | NEWSFLASH Umweltrecht

Verwaltungsgerichtshof bestätigt Bewilligung der dritten Piste am Flughafen Wien

Nachdem der Verfassungsgerichtshof die neuerliche Behandlung einer Beschwerde gegen den Ausbau des Flughafens Wien abgelehnt hatte, war es Aufgabe des Verwaltungsgerichtshofs das (vorerst) letzte Wort in Sachen dritter Piste zu sprechen. Mit seinem Erkenntnis vom 6. März 2019 (Ro 2018/03/0031 ua) bestätigte dieser nun die durch das Bundesverwaltungsgericht erteilte Genehmigung der Flughafenerweiterung und traf abseits davon weitere relevante Entscheidungen.
 

Revisionen zulässig, aber unbegründet

Da die einschlägige Rechtslage auch nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH) nicht so klar und eindeutig war, ließ er die Revisionen von Bürgerinitiativen und NachbarInnen zwar zu, wies diese letztlich aber als unbegründet ab. Bezogen auf die einzelnen Revisionspunkte begründete der VwGH seine Entscheidung folgendermaßen: 

Unzureichende Prüfung der An- und Abflugrouten

Flugrouten spielen nach Ansicht des VwGH im UVP-Verfahren durchaus eine Rolle, da diese für die Prüfung der Schadstoff- und Lärmbelastungen in den jeweiligen Gebieten ausschlaggebend sind. Eine Prüfung hat daher auch alle tatsächlich und rechtlich möglichen Routen zu umfassen. Nachdem ein Geradeausanflug nicht Antragsgegenstand war und auch aufgrund des Instrumentenlandesystems nicht möglich sei, war diese Route, anders als in den Revisionen gefordert, auch nicht zu prüfen und ist diese auch nicht von der Genehmigung gedeckt. Dies wird in der Folge auch bei der tatsächlichen Festlegung der Flugrouten durch die Austro Control GmbH zu berücksichtigen sein, um nicht gegen die UVP-Genehmigung zu verstoßen. Aufgrund des ohnehin eingeschränkten Antragsgegenstandes bedurfte es daher auch keiner einschränkenden Auflage.

Unzureichender Schutz vor Fluglärm

Zu behandeln hatte das Höchstgericht in Sachen Fluglärm sowohl Vorbringen gegen Lärmbelästigung im „Freiland“, also außerhalb von Gebäuden, als auch generell Vorbringen gegen die Lärmschutz-Verordnung. In diesem Kontext weist der VwGH zunächst darauf hin, dass schon der VfGH keine Bedenken gegen die einschlägigen Vorschriften (§ 145b Abs 3 LFG und Luftverkehrs-Lärmimmissionsschutzverordnung) hatte. Hinsichtlich der in der Verordnung festgelegten Schwellenwerte kommt der VwGH zwar zu dem Schluss, dass diese lediglich Mindeststandards darstellen und eine Unterschreitung im Einzelfall erforderlich sein kann. Da die Revisionswerber jedoch keine Anhaltspunkte aufgezeigt hatten, wonach im konkreten Fall eine Unterschreitung der Schwellenwerte geboten sei und das Gutachten die mittels Auflagen erreichten Werte aus unmweltmedizinischer Sicht für vertretbar hielt, erachtete auch der VwGH weitere Lärmschutzmaßnahmen nicht für notwendig. Überdies erachtet es der VwGH aufgrund der – nicht näher beschriebenen - Besonderheiten des Flugverkehrs für gerechtfertigt, dass sich Lärmschutz auf objektseitige Maßnahmen anstelle von Freiraumschutz fokussiert.

Unzureichende Berücksichtigung von Treibhausgas-Emissionen

Der VwGH stimmt den Revisionen zwar dahingehend zu, dass nach der UVP-Richtlinie auch Auswirkungen auf das Klima zu berücksichtigen seien und diesbezüglich keine Bindung an die Entscheidung des VfGH bestünde, wenn dadurch gegen bindende Vorgaben des Unionsrechts verstoßen würde. Umso mehr würde dies für künftige UVP-Projekte gelten, da der Schwerpunkt der UVP-Richtlinie durch die Novelle 2014 weiter in Richtung Klimaschutz verschoben wurde. Doch ergibt sich nach Ansicht des VwGH aus dem EU-Emissionshandelssystem eindeutig, dass THG-Emissionen den Betreibenden der Luftfahrzeuge und nicht dem einzelnen Flughafen zuzurechnen seien. Dementsprechend seien nur die Emissionen, die von den Anlagen des Flughafens selbst ausgehen, zu berücksichtigen und diese hätten im vorliegenden Fall derart geringe Auswirkungen, dass sie einer Genehmigung nicht entgegenstünden. 

Wenngleich diese Entscheidung des VwGH aus Perspektive des Umweltschutzes äußerst unbefriedigend ist, verdeutlicht sie erneut, dass Klimaschutz nicht Aufgabe der Gerichte (allein) sein kann, sondern nationale und internationale Politik mehr denn je gefordert sind, endlich eine tatsächliche Klimaschutzpolitik zu betreiben und unter anderem wirksame Klimaschutzgesetze zu erlassen.

Stellungnahme zur Kritik am ersten BVwG-Erkenntnis

Besonders hervorzuheben gilt es schließlich noch, dass der VwGH auch Position gegenüber der unverhältnismäßigen Kritik durch Politik und Medien an jenem BVwG-Erkenntnis bezogen hat, mit dem 2017 die Genehmigung der dritte Piste zunächst versagt worden war. Wortwörtlich heiß es dazu in der Entscheidung des VwGH:

„Fallbezogen ist der Revision 2 zwar darin Recht zu geben, dass einzelne Reaktionen auf das Erkenntnis des BVwG im ersten Rechtsgang, mit dem eine UVP-Genehmigung versagt worden ist, die Grenzen legitimer Kritik an gerichtlichen Entscheidungen und den entscheidenden Richtern überschritten haben. Allerdings vermag dieser Umstand für sich betrachtet noch keine Befangenheit der Richter im zweiten Rechtsgang zu begründen, läge es doch sonst in der Hand der Kritiker, durch eine solcherart unsachliche Kritik Richter vom weiteren Verfahren ausschließen zu können.“

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