16. Januar 2019 | NEWSFLASH Umweltrecht

Standortentwicklungsgesetz in stark überarbeiteter Version in Kraft getreten

Bereits im Sommer 2018 kam es zu zahlreichen Diskussionen und Stellungnahmen rund um den Entwurf für ein Gesetz über die Entwicklung und Weiterentwicklung des Wirtschaftsstandortes Österreichs (Standort-Entwicklungsgesetz). Mit 1. Jänner 2019 ist dieses schließlich in stark überarbeiteter Version in Kraft getreten. Der ursprünglich vorgesehene Genehmigungsautomatismus für auserwählte Großprojekte, über die innerhalb eines Zeitraumes von einem Jahr keine Entscheidung gefällt wird, konnte der vielseitigen Kritik nicht standhalten. Dennoch bleiben auch in der kundgemachten Endfassung des Gesetzes viele Fragen offen.

Projekte können zu „standortrelevanten Vorhaben“ ernannt werden

Gemäß dem am 29. Dezember 2018 kundgemachten Standortentwicklungsgesetz (StEntG) können UVP-pflichtige Großvorhaben, die „im besonderen öffentlichen Interesse der Republik Österreich liegen“, durch Verordnung von Wirtschaftsministerin und Verkehrsminister als standortrelevante Vorhaben eingestuft werden. Dazu hat der sogenannte Standortentwicklungsbeirat – bestehend aus VertreterInnen von unterschiedlichen Ministerien wie dem Bundeskanzleramt, dem Wirtschaftsministerium, dem Verkehrs- und dem Außenministerium, Empfehlungen abzugeben. Scheint ein Projekt in dieser Liste standortrelevanter Vorhaben auf, ist es durch bestimmte Sonderbestimmungen im Genehmigungsprozess gegenüber anderen Projekten privilegiert.

Besonderer Genehmigungsprozess für ausgewählte Projekte

Für standortrelevante Vorhaben gelten besondere Verfahrensbestimmungen, die die Genehmigung von Projekten beschleunigen sollen. So sollen etwa verkürzte Fristen für Kundmachungen, Einwendungen oder die öffentliche Einsichtnahme gelten. Da es sich bei den betroffenen Vorhaben meist um komplexe Großprojekte handeln wird, stellen diese verkürzten Fristen für die beteiligte Öffentlichkeit eine große Herausforderung dar. Ist die Behörde innerhalb einer einjährigen Frist ab Antragstellung nicht in der Lage, Genehmigungshindernisse zu identifizieren, können sich Projektwerbende mittels verschuldensunabhängiger Säumnisbeschwerde direkt an das Bundesverwaltungsgericht wenden, das dann in erster Instanz über die Genehmigung zu entscheiden hat. Die Vollständigkeitsprüfung der Unterlagen dauert nach dem aktuellen UVP-Bericht der BMNT an den Nationalrat im Schnitt über sechs Monate, im Bereich Infrastruktur noch deutlich länger. Daher ist davon auszugehen, dass die meisten standortrelevanten Projekte nicht binnen eines Jahres genehmigt werden und es ist durchaus denkbar, dass eine Säumnisbeschwerde zu einem Zeitpunkt erhoben wird, zu dem ein Projekt schlichtweg noch nicht entscheidungsreif ist.

Hintergrund und Ausblick

Der Vorgänger-Entwurf zum nunmehr kundgemachten StEntG enthielt zusätzlich zu den anderen Privilegien noch eine automatische Genehmigung von Projekten durch die UVP-Behörde, nachdem eine Frist von zwölf Monaten verstrichen wäre. Diese Regelung stieß nicht nur von Seiten der Zivilgesellschaft, sondern auch durch Kommentare der Wirtschaft und Wissenschaft auf umfassende Kritik.
Doch auch die Endversion des Gesetzes lässt mehr als zahlreiche Fragen offen: Wie kann ein transparentes Vorgehen im Rahmen der Auswahl standortrelevanter Vorhaben gewährt werden? Entsprechen die besonderen Verfahrensbestimmungen verfassungsrechtlichen Vorgaben? Kann tatsächlich auch, falls die Verzögerung von Projektwerbenden selbst verschuldet ist, eine Säumnisbeschwerde erhoben werden und wie ist es hier um die verfassungs- und europarechtliche Zulässigkeit bestellt? Wie genau soll das Genehmigungsverfahren direkt beim Bundesverwaltungsgericht ablaufen und wie werden die Rechte der übrigen PArt.eien gewahrt? Ist das Gesetz im Einklang mit den Vorgaben über strategische Umweltprüfungen? All diese Fragen können erst nach und nach im Zuge der Anwendung und möglicher Weise einer neuerlichen Überarbeitung des Gesetzes beantwortet werden. Eine Beschleunigung der Verfahren ist dadurch nicht zu erwArt.en. Vielmehr ist aus Sicht von ÖKOBÜRO eine Phase der Rechtsunsicherheit vorprogrammiert, womit auch den Projektwerbenden nicht geholfen ist.

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