ÖKOBÜRO - Allianz der Umweltbewegung
Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) sieht die lange Verzögerung des Inkrafttretens als rechtswidrig und trägt dem Gesetzgeber die Verbesserung bis Juli 2025 auf.
Der österreichische Nationalrat beschloss im Sommer 2022 die langfristige Abschaffung von Vollspaltenböden in der Tierhaltung. Der Neubau wurde mit 1.1.2023 verboten, bestehende Haltungen sollten allerdings erst ab 2040 von dem Verbot betroffen sein. Diese lange Übergangsfrist von 17 Jahren wurde schon bei der Einführung von Tierschutzorganisationen stark kritisiert. Begründet wurde diese Wartezeit mit dem Schutz von Investitionen und dem wirtschaftlichen Betrieb der Landwirtschaften. Unter anderem gegen diese lange Frist beantragte das Land Burgenland beim VfGH die Prüfung des Gesetzes auf seine Verfassungskonformität.
Der VfGH entschied nun, dass die Frist dem verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz widerspricht, da diese den Investitionsschutz einseitig zulasten des Tierschutzes bevorzugen würde. Darüber hinaus unterscheidet das Gesetz nicht zwischen neuen und älteren Anlagen und gewährt beiden den gleichen Investitionsschutz, was der VfGH als unzulässige Gleichbehandlung wertet. Er hebt daher die Befristung auf und trägt dem Gesetzgeber eine Reparatur bis zum 1.7.2025 auf. Sollte bis dahin keine solche Reparatur erfolgen, würde das Verbot dann unmittelbar in Kraft treten. Faktisch ist daher eine gesetzliche Nachbesserung mit einer kürzeren und/oder zwischen Alt- und Neuanlagen unterscheidenden Regelung zu erwarten.
Leider keine Aussage trifft der VfGH zur Frage, ob der Gesetzgeber mit seiner Regelung und einseitigen Gewichtung des Investitionsschutzes den Spielraum des Bundesverfassungsgesetzes Nachhaltigkeit, in dem auch der Tierschutz als Staatsziel formuliert ist, überreizt. Dieses Argument wurde prominent im Antrag des Landes Burgenland vorgebracht, aber inhaltlich nicht gewürdigt.
Die Kernaussage des VfGH in Randnummer 64 des Urteils lautet:
„Indem der Gesetzgeber selbst diese Wertung im Hinblick auf das Ziel des Tierschutzes getroffen hat, ist es sachlich nicht gerechtfertigt, wenn er mit der Festlegung einer 17-jährigen Übergangsfrist einseitig auf den Investitionsschutz abstellt und bei der Abwägung den Tierschutz nicht adäquat berücksichtigt.“
Das volle Erkenntnis ist auf der Webseite des VfGH abzurufen: https://www.vfgh.gv.at/downloads/VfGH-Erkenntnis_G_193_2023_vom_13._Dezember_2023.pdf
Gregor Schamschula ist Umweltjurist bei ÖKOBÜRO. Er leitet den Bereich Recht und hat seine Schwerpunkte im Wasser-, UVP- und Artenschutzrecht.