Verwaltungsgerichtshof klärt anstelle der säumigen Politik den Anwendungsbereich der Aarhus Konvention. Umweltministerin Köstinger muss Rechtssicherheit schaffen.
Wien (OTS) - In einem deutlichen Erkenntnis stellt der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) fest, dass anerkannten Umweltschutzorganisationen in Österreich auch jene umfassenden Umweltrechte zukommen, die in anderen EU-Staaten längst Standard sind.
Das Recht auf gerichtliche Beschwerden von Umweltschutzorganisationen ist Bestandteil der Aarhus Konvention der UNO, ergibt sich jedoch auch aus dem Europarecht. Der VwGH stellte nun unter Berufung auf die aktuelle Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes unmissverständlich fest, dass Umweltschutzorganisationen „die Beachtung der aus dem Unionsumweltrecht hervorgegangenen Rechtsvorschriften überprüfen lassen“ können. Dies betrifft laut dem VwGH auch Rechtsschutz gegen Unterlassungen oder die Prüfung von Verordnungen.
Thomas Alge, Umweltjurist und Geschäftsführer von ÖKOBÜRO – Allianz der Umweltbewegung: „Österreich hat die Aarhus Konvention 2005 ratifiziert. Die gesetzliche Umsetzung bezüglich des Rechtschutzes in nationales Recht ist jedoch bis heute nicht geschehen, trotz zwei Verurteilungen auf Ebene der UNO und zahlreicher Gerichtsverfahren. Jetzt hat der Verwaltungsgerichtshof Tatsachen geschaffen. Im Sinne der Rechtssicherheit für alle Beteiligten sollte Umweltministerin Köstinger jetzt rasch ein Rechtsbehelfegesetz wie in Deutschland für das gesamte Umweltrecht vorlegen, um etwa Fristen einheitlich zu regeln.“
„In Zukunft können wir uns noch stärker als Anwalt für Natur und Umwelt einsetzen. Wir werden damit sorgfältig umgehen“, betont Hanna Simons, stv. Geschäftsführerin beim WWF Österreich. Das Erkenntnis des Höchstgerichts sei auch eine Absage an jene in der Bundesregierung, die Umweltrechte kappen und Großprojekte ohne Rücksicht auf Verluste durchboxen wollen. „Wer die Umwelt vernachlässigt und einseitig die Projektbetreiber stärkt, ist auf dem falschen Weg. Dieses Signal ist gerade jetzt wichtig“, sagt Simons mit Blick auf das Staatsziel Wirtschaft, den geplanten UVP-Kahlschlag und den Standortanwalt, der in Verfahren Umweltanliegen kleinreden soll.
Auch für GLOBAL 2000 ist das Erkenntnis des VwGH ein Zeichen, dass die Politik beim Umweltschutz umdenken muss. Geschäftsführerin Leonore Gewessler: „Die internationale Gemeinschaft aber auch die meisten Menschen in Österreich haben den Wert einer intakten Umwelt längst erkannt. Dem hat auch die österreichische Politik Rechnung zu tragen. Mit einer ambitionierten Klima- und Energiestrategie kann die Regierung schon in Kürze zeigen, ob sie in der Lage ist, Politik zum Wohle der Menschen aktiv zu gestalten.
„Bislang waren uns in Österreich rechtlich oft die Hände gebunden, wenn wir beispielsweise auf schwere Gesundheitsgefahren durch Umweltverschmutzung aufmerksam gemacht haben. Das hat sich jetzt geändert. Es ist jedoch ein Armutszeugnis, dass es für das Erfüllen EU-rechtlicher Mindeststandards das Höchstgericht gebraucht hat“, kommentiert Greenpeace-Programmdirektor Volker Plass das VwGH-Erkenntnis.
„Wir haben als Erwachsene die Verantwortung, den kommenden Generationen eine intakte Umwelt zu hinterlassen. Sie geht Hand in Hand mit hoher Lebensqualität und nachhaltigem wirtschaftlichen Erfolg. Auch das ist Teil der Generationengerechtigkeit und Kennzeichen einer Politik, die über den Tellerrand hinausblickt. Deshalb ist das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs sowohl für uns als auch unsere Kinder erfreulich“, stellt VCÖ-Expertin Ulla Rasmussen fest.
Link zum [Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs] (https://www.ots.at/redirect/oekobuero11)