16. April 2025 | NEWSFLASH Umweltrecht

Herausforderungen bei der Umsetzung der EU-Erneuerbaren Richtlinie: Wie können Verfahren wirklich beschleunigt & die Umwelt geschützt werden?

Durch die RED III sollen die EU-Staaten die Energiewende schneller schaffen. Deregulierung und kürzere Fristen sind allerdings kein Garant für schnellere Verfahren. Bei falscher Umsetzung könnte die Richtlinie sogar den Klimaschutz gefährden.

Jedes Projekt – sei es Windpark, Solarpark oder Staudamm – benötigt Raum. Dieser Raum ist begrenzt und erfordert eine Abwägung zwischen der Energieausbeute und den Eingriffen in Ökosysteme. Umweltverfahren sind für diese Beurteilung besonders bei großen Projekten essenziell. Effiziente Verfahren sind grundsätzlich im Interesse aller Beteiligten. Das Problem ist nur: Deregulierung und knappe Fristen beschleunigen sie nicht.

Denn ob die Einhaltung der Fristen auch tatsächlich durch die Behörden gewährleistet werden kann, hängt maßgeblich von den vorhandenen Behördenressourcen, also primär dem Personal ab. Da die Behörden in Österreich jedoch ohnehin schon mangelhaft ausgestattet sind besteht das Risiko, dass Verfahren entweder nur langsam durchgeführt werden können oder qualitativ schlechter ausfallen. Eine Strategie, zu welcher manche Bundesländer übergehen, ist die Beiziehung nichtamtlicher Sachverständiger. Allerdings kann hier die Unabhängigkeit nicht in gleichem Maße gewährleistet werden.

Die RED III sieht bei bestimmten Projekttypen sogar eine Genehmigungsfiktion vor. Kommt die zuständige Behörde also nicht innerhalb der Frist zu einer Entscheidung, wird das Projekt automatisch genehmigt. Das kann dazu führen, dass Anlagen mit negativen Umweltauswirkungen nicht ausreichend behördlich geprüft werden und die Betreibenden der Anlage keine Rechtssicherheit über deren Betrieb haben. Große Probleme können sich dadurch auch für Nachbar:innen und Umweltschutzorganisationen ergeben, die keine Möglichkeiten haben, am Verfahren teilzunehmen oder Beschwerden einzubringen. Welche Folgen damit für die Projekte einhergehen bleibt unklar. Sicher ist jedoch: Beteiligung schafft Akzeptanz. Fehlt Beteiligung dann regt sich Widerstand gegen Projekte.

Herabsenkung von Umweltstandards

Die EU hält zwar daran fest, dass durch das System der SUP und dem Screening für Einzelprojekte keine Senkung der europäischen Umweltstandards passieren wird. Es ist jedoch vorauszusehen, dass aufgrund verschiedener Faktoren das aktuelle Schutzniveau nicht gehalten werden kann. Die strategische Umweltprüfung ist eine andere Art des Verfahrens als die UVP. Hier bestehen weitaus schlechtere Beteiligungsmöglichkeiten für Umweltschutzorganisationen und die betroffene Öffentlichkeit und keinerlei Beschwerdemöglichkeiten gegen deren Ergebnis, das noch dazu nicht automatisch rechtsverbindlich ist.  

Zentrales Problem bei den SUP für Beschleunigungsgebiete ist auch, dass im Vorhinein nicht genau abschätzbar ist, welche konkreten Projekte in den jeweiligen Gebieten verwirklicht werden sollen. Es ist folglich auch nur sehr beschränkt absehbar, welche Umweltauswirkungen ein Beschleunigungsgebiet als Ganzes haben wird. Die Abfederung durch das Screening kann zwar teilweise erfolgen, ist jedoch aufgrund der sehr kurz bemessenen Fristen (30/45 Tage) nicht gänzlich realistisch. Auch dadurch, dass die Mitgliedsstaaten den Rückfall in die UVP-Pflicht für Windkraft und PV-Projekte ausnehmen können, kann dazu führen, dass erhebliche Umweltauswirkungen bestehen bleiben. Ausgleichsmaßnahmen sorgen in den meisten Fällen nicht für ausreichende Kompensation am Ort des Umwelteingriffs.

Naturschutz ist Klimaschutz

Durch die gesetzliche Vermutung des überragenden öffentlichen Interesses zugunsten von Erneuerbaren in der Bewertung von Eingriffen in Ökosysteme werden Naturschutzinteressen in Verfahren in den Hintergrund gedrängt. Dabei sind Klima- und Biodiversitätskrise untrennbar miteinander verbunden. Der Ausbau von erneuerbaren Anlagen ohne Rücksichtnahme auf die Biodiversität kann den Klimaschutz sogar gefährden. Wenn Umweltverfahren im Zuge der RED III-Umsetzung zu stark dereguliert- und bestehende Naturschutzgesetze aufgeweicht werden, können wertvolle Ökosysteme auch leichter zerstört werden. Diese sind jedoch wichtige Kohlenstoffspeicher und Puffer, um die Folgen der Klimakrise abzumildern. Laut Weltklimarat absorbieren natürliche Kohlenstoffsenken rund die Hälfte der globalen CO2-Emissionen. Österreichs Moore speichern auf nur 0,25 Prozent der Landesfläche etwa das doppelte des nationalen CO2 Ausstoßes in 2023. Es nützt dem Klima wenig, wenn Erneuerbare durchgepeitscht werden, dabei aber Lebensräume und Kohlenstoffspeicher unwiederbringlich verloren gehen.  

Echte Beschleunigung geht anders

ÖKOBÜRO hat sich in den letzten Jahren intensiv mit der Frage beschäftigt, wie Verfahren effektiv verbessert und effizienter gemacht werden können. Etliche Expert:innen-Interviews und Recherchen zeigten: Effiziente Umweltverfahren hängen von 6 Erfolgsfaktoren ab.

  1. Vorgelagerte Planungen am runden Tisch  
  2. Frühzeitige, strukturierte und umfassende Öffentlichkeitsbeteiligung  
  3. Vollständige und qualitativ hochwertige Einreichunterlagen  
  4. Ausreichend Ressourcen und Kompetenzen der Behörde  
  5. Gutes Verfahrensmanagement  
  6. Politischer Rückhalt und Wille

Quelle: ÖKOBÜRO (2023): Erfolgsfaktoren für Umweltverfahren. Empfehlungen für eine gute Praxis

Fazit

Durch die RED III soll die Energiewende beschleunigt werden. Allerdings kommt es dabei auf die Umsetzung an. Dem Klima nützt es wenig, wenn Erneuerbare durchgepeitscht werden, dabei aber Lebensräume und Kohlenstoffspeicher unwiederbringlich verloren gehen. Durch starke Umweltverfahren können alle Ziele vereint werden: die zügige Deckung des Energiebedarfs und der Schutz der Natur.

Broschüre: Erfolgsfaktoren für Umweltverfahren