Der Wolf ist in Österreich mittlerweile wieder heimisch und erfüllt eine wichtige Funktion in unseren Ökosystemen. Mit der wachsenden Population von Beutegreifern wie Wölfen, aber auch Bibern und Fischottern, steigt jedoch die Emotionalität in der Debatte zum Umgang mit diesen Tieren. Statt faktenbasierten Lösungen, wie Investitionen in den Herdenschutz, wird vermehrt auf unbürokratische und rechtswidrige Abschussmöglichkeiten gesetzt. Gegen diese hatten anerkannte Umweltorganisationen bis zur bahnbrechenden Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH) im Juni 2023 keine Rechtsschutzmöglichkeit, konnten also Verordnungen rechtlich auf keine Weise bekämpfen.
Entnahme-Verordnungen als Umgehungskonstruktion
Bis vor wenigen Jahren erfolgte die Entnahme von streng geschützten Tierarten auf Grundlage von Bescheiden. Aufgrund der erfolgreichen Klagen von Umweltschutzorganisationen stehen in fast allen Bundesländern mittlerweile sogenannte Entnahme-Verordnungen in Kraft. Diese Umgehung des Rechtsschutzes durch die Landesregierungen wurde bereits in zahlreichen Stellungnahmen von ÖKOBÜRO kritisiert. Zudem forderte auch die Europäische Kommission Österreich (Bund und Länder) in einem – seit bald 10 Jahre anhängigen – Vertragsverletzungsverfahren auf, alle Anforderungen des Übereinkommens über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten korrekt in nationales Recht umzusetzen. Das betreffe insbesondere den Rechtsschutz gegen Verordnungen (VO). Umgehungskonstruktionen wie die Verordnungspraxis im Artenschutzrecht wurden von der Kommission explizit gerügt. Sämtliche Versuche diese Entnahme-Verordnungen beim Verfassungsgerichtshof zu bekämpfen, scheiterten bis dato.
Erfolg im Artenschutzrecht: VwGH weitet Rechtsschutz auf
Eine Änderung ergibt sich nun mit der jüngsten VwGH-Entscheidung vom 13. Juni 2023, Ra 2021/10/0162 betreffend eines Überprüfungsantrags von ÖKOBÜRO und WWF Österreich zur Niederösterreichischen Fischotter-Verordnung 2019. Mit dieser wurde zwar keine Verordnung aufgehoben. Es eröffnen sich aber erstmals höchstgerichtlich Möglichkeiten für anerkannte Umweltorganisationen, gegen die unionsrechtswidrigen Verordnungen vorzugehen.
Mit der Entscheidung wurde das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts aufgehoben. Die Verordnung selbst ist mit Ende Juni außer Kraft getreten und wurde bereits durch eine neue, nahezu gleichlautende Verordnung ersetzt (siehe unsere Stellungnahme).
Mensch und Tier auf Kriegsfuß - Geht’s auch anders?
Ein Abschuss kann immer nur ultima ratio sein. Zielführender ist es jedoch, Lösungen zu finden wie Menschen und Beutegreifer im Einklang miteinander leben können. Aus diesem Grund setzt sich ÖKOBÜRO gemeinsam mit WWF Österreich seit Jahren bei den zuständigen Landesregierungen für ein effektives Management von geschützten Tierarten ein. Dabei spielen vor allem Maßnahmen wie Herdenschutz für Nutztiere wie Behirtung, die von der EU stark geförderten Herdenschutzzäune, Hirtenhunde und geschlossene Nachtquartiere eine zentrale Rolle.