Die Notwendigkeit einer raschen Energiewende steht außer Frage. Doch anstatt an kleinen Stellschrauben im UVP-G zu drehen, wäre eine umfassende und kohärente Energieraumplanung notwendig. Aus diesem Grund hat sich ÖKOBÜRO gemeinsam mit der Arbeiterkammer Wien diesem Thema am 12. September 2022 gewidmet und gemeinsam mit Expert:innen aus Wissenschaft, Verwaltung, Politik und Wirtschaft diskutiert, was es braucht, um Energieraumplanung in Österreich zu verbessern.
Die Ausgangssituation verdeutlicht das grundsätzliche Problem: Während der Bund quantifizierbare Ausbauziele für die einzelnen Energieträger festgesetzt hat, bilden die Zielsetzungen der Bundesländer, die primär für Energieraumplanung zuständig sind, diese nicht ab. Für Photovoltaik fehlt etwa ein ganzes Drittel, um das Bundesziel von 11 TWh zu erreichen. Mit der fehlenden Zielsetzung geht auch eine fehlende Ausweisung der notwendigen Flächen für Erneuerbare einher, wobei hier zumindest für Windkraft – wie oben erwähnt – in der UVP-G Novelle der Druck bei den Bundesländern erhöht werden soll. Weiter könne der Bund – so die herrschenden Meinung - aber nicht gehen, weil Österreich eben ein föderalistischer Staat sei und Energieraumplanung primär in der Zuständigkeit der Länder und Gemeinden liege.
ÖKOBÜRO und die Arbeiterkammer Wien luden deshalb Verfassungsrechtsexpertin Prof.in Dragana Damjanovic (TU Wien) sowie Leonhard Zwieauer, einen Referenten aus der Schweiz, ein, um diese Ansicht genauer unter die Lupe zu nehmen. Das Ergebnis: Ähnlich wie in Österreich obliegt die allgemeine Raumplanung den Kantonen und Kommunen. Allerdings erkannte die Schweiz bereits vor einigen Jahrzehnten, dass es eine stärkere Koordination und Zusammenarbeit zwischen Bund und Kantonen für eine kohärente Raumplanung braucht. Mit der Verfassungsänderung im Jahr 1979 wurde dem Bund eine Gesetzgebungskompetenz für Raumordnung gegeben und damit eine Regelungskompetenz für das Bundesgesetz über die Raumplanung (RPG) geschaffen, welches den ganzen Rahmen, die Ziele und Planungsgrundsätze und Maßnahmen der Raumplanung zusammen mit der vieles konkretisierenden Raumplanungsverordnung (RPV) regelt. Laut dem Schweizer Experten hilft das formalisierte Planungs- und Kooperationsverfahren, die nötige Abstimmung zwischen den verschiedenen Behörden zu organisieren, nachfolgende Projektgenehmigungsverfahren zu entlasten und die Rechtssicherheit der Projektwerbenden zu erhöhen.
Aus verfassungsrechtlicher Sicht wäre ein ähnliches Modell in Österreich, dh. eine aktivere Rolle des Bundes bei der Raumplanung und Koordination, für die Energiewende bereits jetzt – auch ohne Verfassungsänderung – möglich, denn dem Bund hat bereits jetzt eine Grundsatzgesetzgebungskompetenz für das Elektrizitätswesen. Laut Prof.in Dragana Damjanovic umfasse das auch Fachplanungen und damit die Möglichkeit des Bundes die Beiträge für jedes Bundesland zu den Ausbauzielen festzulegen, die Bundesländer zur Ermittlung des Flächenbedarfs und zur Ausweisung von Eignungs- und Ausschlusszonen zu verpflichten und Eignungszonen als überörtliche Widmungen festzulegen, damit sie auch Bindungswirkung für die örtliche Raumplanung entfalten.