Schnellverfahren für Umweltschützende
Bereits im Zuge der 7. regulären Vertragsstaatenkonferenz im Oktober 2021 fällten die Staaten den einstimmigen Beschluss, einen sogenannten „Rapid Response Mechanismus“ (RRM) für unter Druck geratene Umweltaktivist:innen zu schaffen. Sei es wegen der Verfolgung durch staatliche Einrichtungen, wegen Klagen oder Drohungen durch die öffentliche Hand oder private Unternehmen – der Sonderberichterstatter soll künftig allen Betroffenen als niedrigschwellige Anlaufstelle dienen. Eine Voraussetzung ist, dass die Personen oder NGOs aufgrund der Ausübung ihrer Rechte in Zusammenhang mit dem Übereinkommen über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten samt Erklärung (Aarhus Konvention) der Gefahr einer Bestrafung, Verfolgung oder Belästigung ausgesetzt sind.
Mit dem neu geschaffenen Schutzmechanismus möchte die Aarhus Gemeinschaft nicht zuletzt einen Betrag zur Erfüllung der Nachhaltigkeitsziele der Agenda 2030, insbesondere des Ziels Nummer 16 zu Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen leisten.
Effektive Umsetzung von Konventionsbestimmungen
Gemäß Artikel 3 Abs 8 haben die Aarhus Vertragsparteien sicherzustellen, dass Personen, die ihre Rechte im Einklang mit der Konvention ausüben, hierfür nicht in irgendeiner Weise bestraft, verfolgt oder belästigt werden. Trotz dieser Verpflichtung werden innerhalb Europas laufend zahlreiche Fälle bekannt, in denen man Umweltaktivist:innen durch strategische Klagsführung oder andersartige Bedrohung Einhalt gebieten möchte. In manchen Fällen kam es zur Inhaftierung oder gar zur Ermordung von Betroffenen.
In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass der übliche Beschwerdemechanismus vor dem Einhaltungsausschuss (Aarhus Convention Compliance Committee – ACCC) zu schwerfällig ist. Dem soll der neu geschaffene Mechanismus entgegensteuern.
Sonderberichterstatter als Anlaufstelle für alle
Beschwerden an den Berichterstatter können sich sowohl auf Handlungen oder Unterlassungen von staatlichen Stellen als auch durch Privatunternehmen und einzelne Personen beziehen. Beschwerdeberechtigt sind sowohl die von solchen Handlungen oder Unterlassungen Betroffenen als auch andere Mitglieder der Öffentlichkeit, die an deren Stelle tätig werden wollen. Auch Aarhus Vertragsstaaten, die EU oder das Aarhus Sekretariat können sich mittels Beschwerde an den Berichterstatter wenden. Auch anonyme Beschwerden sind denkbar, sofern sie die Bedrohungen oder Verletzungen glaubhaft darlegen. Inhalte werden vertraulich behandelt, sofern die Betroffenen darauf nicht verzichten. Im Gegensatz zu Beschwerden an das ACCC ist es nicht erforderlich, dass der innerstaatliche Rechtsweg bereits ausgeschöpft wurde.
Nach Einlangen einer Beschwerde holt der Berichterstatter zunächst alle relevanten Informationen ein. Kommt er zu dem Ergebnis, dass Gefahren oder Eingriffe vorliegen, kann er unmittelbare oder dauerhafte Maßnahmen treffen. Diese können etwa Anweisungen an den Staat sein, die Verfolgung der betroffenen Personen einzustellen oder Maßnahmen zu deren Schutz zu treffen.
Gewählt wurde der von mehreren Umwelt-NGOs nominierte Professor Michel Forst, der bereits als UN-Sonderberichterstatter für Menschenrechtsverletzungen tätig war. Eine einmalige Wiederwahl im Zuge der nächsten Vertragsstaatenkonferenz 2025 ist möglich. Genaue Richtlinien für den Ablauf der Beschwerdeverfahren will er zeitnah veröffentlichen.
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