29. März 2021 | NEWSFLASH Umweltrecht

Bescheide über die Notfallzulassung von Pestiziden sind Umweltinformationen

Bei der Notfallzulassung unionsrechtlich nicht zugelassener Pflanzenschutzmittel handelt es sich um Umweltinformationen, die nach dem UIG auf Antrag herauszugeben sind. Gleiches gilt für die Ermittlungsergebnisse und fachliche Bewertung auf die sich ein Bescheid stützt. Zu diesem Ergebnis kam das Bundesverwaltungsgericht am 22. Februar 2021 in seinem Erkenntnis zum Pestizid „Poncho Beta“.

Hintergrund

Das Inverkehrbringen nicht zugelassener Pflanzenschutzmittel auf Unionsebene ist gemäß der Verordnung (EG) 1107/2009 untersagt. Art 53 legt jedoch fest, dass eine zeitlich begrenzte Notfallzulassung dennoch erfolgen kann, sofern sich dies angesichts einer anders nicht abzuwehrenden Gefahr als notwendig erweist. Im Februar 2020 erteile das Bundesamt für Ernährungssicherheit (BAES) daher eine Zulassung für das Pflanzenschutzmittel „Poncho Beta“ mit dem Wirkstoff beta-Cyfluthrin, dessen Zulassung auf EU-Ebene im Oktober 2019 ausgelaufen war, zur Verwendung über 120 Tage.
Da es sich dabei um ein Pestizid handelt, dessen negative Auswirkungen auf die Artenvielfalt und insbesondere den Bienenbestand erwiesen sind, beantragte ÖKOBÜRO die Übermittlung des Zulassungsbescheids sowie der dem Bescheid zugrundeliegenden fachlichen Unterlagen und Gutachten unter Berufung auf das Umweltinformationsgesetz (UIG). Die Behörde führte dazu zusammenfassend aus, dass eine Analyse des Pestizids keine Rückstände auf den gesammelten Pollenproben ergeben habe und verwies auf die im Pflanzenschutzmittelregister veröffentlichten Daten zur Notfallzulassung. Darüber hinaus wies sie den Antrag der Umweltschutzorganisation mit der Begründung ab, dass es sich bei dem Bescheid selbst um keine Umweltinformation handle und die relevanten Informationen bereits übermittelt wurden.

Zum Umweltinformationsbegriff

Umweltinformationen umfassen gem. § 8 UIG neben Daten über den Zustand von Umweltbestandteilen, wie Luft Wasser oder Artenvielfalt unter anderem auch Faktoren über das Freisetzen von Stoffen oder Organismen in die Umwelt sowie Maßnahmen, die sich auf diese Umweltbestandteile und -faktoren auswirken. Vom Umweltinformationsbegriff erfasst sind daher sowohl der Zulassungsbescheid des BAES, als auch der Antrag auf Zulassung und sämtliche andere Erhebungen, auf denen die Entscheidung der Behörde beruht. Auch sämtliche Antragsunterlagen, wie vom Antragsteller vorgelegte Dokumente zu Beizmittelversuchen sowie die Fachgutachten unterschiedlicher Ämter Landesregierungen, die darlegen, dass eine Notfallzulassung notwendig ist, sind herauszugeben. Nicht zuletzt handelt es sich auch bei der fachlichen Würdigung der Ermittlungsergebnisse durch die österreichische Agentur für Ernährungssicherheit (AGES) um Umweltinformationen.
In seiner Begründung verwies das BVwG auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs, gemäß der von Maßnahmen auch Verwaltungsakte erfasst seien, sofern diese „auch nur den geringsten Bezug zu einem Umweltgut aufweisen“ und im Hinblick auf Umweltgüter „zumindest beeinträchtigend wirken können“. Wenngleich es zweckmäßig sein kann, anstelle der Herausgabe umfassender Unterlagen konkrete Fragen zu beantworten, ist durch die herauszugebenden Informationen zu gewährleisten, dass die zugrundeliegenden Unterlagen „in einen sinnvollen Zusammenhang gebracht werden können“. Dass sich die Ergebnisse der Beurteilung in den im öffentlichen Register einsehbaren Anwendungsbestimmungen widerspiegeln, sei hingegen nicht ausreichend.

Weitere Informationen:

Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts

ÖKOBÜRO Informationstext zu den Umweltinformationsgesetzen

Verordnung (EG) 1107/2009