Umweltschutzorganisationen sollen durch formale Hürden aus UVP gedrängt werden. Europarechtswidrige Regelung schafft neue Rechtsunsicherheit in Verfahren.
Wien (OTS) - Ähnlich wie beim Standortentwicklungsgesetz wollen die Regierungsparteien mit einer europarechtswidrigen Regelung den Umweltschutz zu Gunsten von Konzerninteressen zurückdrängen. Dadurch wird jedoch Rechtsunsicherheit geschaffen, die im Ergebnis UVP Genehmigungsverfahren verzögern und aushebeln würde.
Demnach sollen Umweltorganisationen unter anderem mindestens 100 Mitglieder haben und müssen Verbände nachweisen, dass alle Mitgliedsorganisationen bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Das würde insbesondere kleinere Organisationen und die Verbände treffen. In Österreich gibt es nur knapp 60 Umweltschutzorganisationen, die sich in UVP-Verfahren einbringen können. Das ist im internationalen Vergleich sehr wenig. Tatsächlich erhoben alle Umweltorganisationen in den letzten Jahren in nur drei bis vier Verfahren pro Jahr Beschwerden gegen UVP-Entscheidungen, im Zeitraum 2005 bis 2015 waren es nur zwei Verfahren pro Jahr. Thomas Alge, Geschäftsführer von ÖKOBÜRO – Allianz der Umweltbewegung: „Es gibt keine sachliche Rechtfertigung und zeugt von einem eigenartigen Demokratieverständnis, diese niedrigen Zahlen auch noch reduzieren zu wollen. Der Europäische Gerichtshof und die Aarhus Konvention lassen Einschränkungen im Rechtsschutz der UVP nur im Ausnahmefall zu. Gemäß UVP-Richtlinie der EU ist es das rechtliche Ziel, einen weiten Zugang zu Gerichten zu gewähren.“
Umweltorganisationen sollen außerdem Namen und Adressen der Mitglieder bekannt geben. Alge: „Das ist mit dem Datenschutz nicht vereinbar, da es in die Privatsphäre der Betroffenen eingreift und es keine sachliche Rechtfertigung dafür gibt. Die Mitgliedschaft in einem Verein kann auch Ausdruck einer politischen Gesinnung sein und das geht den Staat nichts an. Sensible Daten dürfen nur erhoben werden, wenn es unbedingt erforderlich ist“.
Wenn die Regelung so kommt, können Umweltschutzorganisationen, die zu Unrecht per Gesetz aus dem Verfahren gedrängt werden, rechtlich dagegen vorgehen. Alge: „Im Ergebnis kann das dazu führen, dass derartige UVP-Verfahren deswegen wiederholt werden müssen. Bis das höchstgerichtlich geklärt ist, vergehen viele Jahre. In dieser Zeit gibt es Rechtsunsicherheit“.
UVP-Verfahren, das sind die etwa 20 größten umweltrelevanten Projekte Österreichs, dauern gemäß dem aktuellen UVP Bericht an den Nationalrat ab Vollständigkeit der Projekteinreichung durch die Projektwerber sieben Monate, ab Antragstellung 13,3 Monate. Alge: „Umweltschutzorganisationen gehen sehr verantwortungsvoll mit den Parteirechten um und bringen sich in nur ausgewählten Verfahren ein, wie die Statistik nachweislich zeigt. Deshalb ist dieser Angriff auf die Zivilgesellschaft nicht nur rechtswidrig, sondern auch verantwortungslos im Umgang mit unserer Demokratie und den Herausforderungen in der Umweltpolitik vom Klimawandeln bis zum Schutz der Biodiversität.“