2. Juli 2020 | NEWSFLASH Umweltrecht

EuGH-Urteil: Schutz von Wölfen ausgeweitet

Wölfe sind auch dann durch die unionsrechtlichen Artenschutzbestimmungen geschützt, wenn sie sich in menschlichen Siedlungsgebieten befinden. Für Fang und Transport gelten daher in diesem Fall gleichsam die strengen Ausnahmebedingungen.

Wölfe sind auch in Siedlungsgebieten geschützt

In einem Urteil (C-88/19) vom 11. Juni 2020 stellte der Europäische Gerichtshof (EuGH) fest, dass Wölfe auch dann zu schützen sind, wenn sie außerhalb ihres natürlichen Lebensraums, also in Siedlungen und Dörfern, vorzufinden sind. Gegenteiliges ist nur in von der zuständigen nationalen Behörde gewährten Ausnahmen zulässig. Dies wäre etwa der Fall, wenn die öffentliche Sicherheit oder die Volksgesundheit bedroht ist.

Anlass des Rechtsstreits war der Fang und Abtransport eines Wolfes in einem rumänischen Dorf ohne vorherige Genehmigung. Die Frage, welche das rumänische Gericht dem EuGH im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahren vorlegte, betraf den Anwendungsbereich der europäischen Habitatsrichtlinie 92/43/EWG (auch FFH-Richtlinie genannt) und die Frage, ob der Wolf als geschützte Tierart im Sinn der Richtlinie auch in bzw. in der Nähe von Siedlungsgebieten geschützt ist. Dies bejahte das Gericht.

Konkretisierung des Schutzbereichs der Habitatsrichtlinie

Der Begriff “Natürliches Verbreitungsgebiet” umfasse laut dem Europäischen Gerichtshof in diesem Zusammenhang mehr als den geografischen Raum, in dem sich die betroffene Tierart im Rahmen ihres natürlichen Verhaltens aufhält bzw. ausbreitet. Daraus folge, dass geschützte Tierarten nicht ihr “natürliches Verbreitungsgebiet” verlassen, wenn sie sich in der Nähe oder innerhalb von menschlichen Siedlungsgebieten befinden, solche Gebiete durchqueren oder sich von Ressourcen ernähren, die der Mensch erzeugt. Dies sei auch im Einklang mit dem Ziel und Zweck der Richtlinie, welche über den Schutz bestimmter, restriktiv definierter Orte hinausgeht und bestimmte Tierarten in freier Wildbahn als solche schützen soll.

In diesem Zusammenhang hielt der Europäische Gerichtshof auch fest, dass der natürliche Lebensraum des Wolfes aufgrund der von Menschen verursachten Entwicklungen wie Infrastrukturentwicklungen, illegaler Waldbewirtschaftung, landwirtschaftlicher Betriebe und bestimmter industrieller Tätigkeiten zunehmend unter Druck gerät, was zu einer teilweisen Anpassung der Wölfe an diese neuen Bedingungen geführt hat und ebenfalls zu berücksichtigen ist.

Weitere Informationen:

EuGH-Urteil C-88/19

Presseaussendung des EUGH zum Urteil C-88/19

FFH-Richtlinie 92/43/EWG