23. Januar 2020 | NEWSFLASH Umweltrecht

Ein Blick auf die Aarhus Umsetzungen in den Bundesländern

Salzburg, Steiermark und Land Tirol gehen Umsetzung der Aarhus Konvention an, Wien noch ausständig.

Nunmehr haben auch Salzburg, die Steiermark und das Land Tirol die Umsetzung der Aarhus Konvention im Naturschutzrecht angegangen – diese fehlt nur noch im Bundesland Wien. Die Umsetzungen gewähren eine Beteiligung von Umweltorganisationen ausschließlich in Verfahren nach den FFH und Vogelschutz-Richtlinien. Die rechtlich gebotene volle Parteistellung bei Naturverträglichkeitsprüfungen sucht man vergebens – dafür wird eine Parteistellung „light“ kreiert. Für Pläne, Programme und Unterlassungen sehen die Umsetzungsgesetze, entgegen den Vorgaben der Aarhus Konvention, keinen Rechtsschutz vor. Die Veröffentlichungs- und Verfahrensbestimmungen sind teilweise uneinheitlich.

Beteiligung nur in Verfahren nach den FFH und Vogelschutz-Richtlinien

Am 7. Oktober 2019 wurde die Änderung des steirischen Gesetzes über Einrichtungen zum Schutz der Umwelt kundgemacht (LGBl 75/2019). Mit dieser wurden in § 8 Beteiligungs- und Beschwerderechte von örtlich anerkannten Umweltorganisationen in Feststellungsverfahren und Naturverträglichkeitsprüfungen verankert. Kurz darauf zog das Bundesland Salzburg nach. Mit dem Sbg Aarhus Beteiligungsgesetz 2019 (LGBl 67/2019), kundgemacht am 14. November 2019, hat der Gesetzgeber Beteiligungs- und Beschwerderechte örtlich anerkannter Umweltorganisationen bei Bewilligungsverfahren in Europaschutzgebieten sowie bei Verfahren zur Erlangung einer artenschutzrechtlichen Ausnahmebewilligung hinsichtlich rechtliniengeschützter Arten in den Rechtsbestand aufgenommen.

Mit dem Tiroler Aarhus-Beteiligungsgesetz 2019 (LGBl 163/2019), kundgemacht am 30. Dezember 2019, hat auch das vorletzte österreichische Bundesland – nur in Wien ist die Aarhus Umsetzung noch ausständig – die Beteiligung örtlich anerkannter Umweltorganisationen an Naturverträglichkeitsprüfungen nach der FFH-RL rechtlich verankert. Weiters werden auch in Tirol Beschwerderechte gegen artenschutzrechtliche Ausnahmebescheide eingeführt. Gemein ist den Umsetzungen, dass eine Beteiligung und/oder ein Beschwerderecht von Umweltorganisationen nur im Bereich des Europarechts ermöglicht werden. Naturschutzverfahren nach nationalem Recht bleiben davon unberührt. Entgegen dem Wortlaut der Aarhus Konvention gibt es keine Beteiligungs- und Anfechtungsrechte im Verordnungserlassungsverfahren (Pläne und Programme), was in Österreich vor allem beim Artenschutz und bei der Einrichtung von Schutzgebieten von Bedeutung wäre.

Verfahrensrechte „light“ und keine einheitliche Umsetzung

Ebenso wenig – wie alle Länderumsetzungen zuvor – räumen die drei Bundesländer volle Parteistellung ein. Es handelt sich stets um ein Nachprüfungsrecht mit Beteiligtenstellung. Dadurch stehen Umweltorganisationen Verfahrensrechte, die eine Parteistellung erfordern, nicht zu – wie etwa die Ablehnung von Sachverständigen. Trotz der Bund-Länder Arbeitsgruppe zur Aarhus Umsetzung haben sich die einzelnen Bundesländer im Endeffekt nicht auf einheitliche Veröffentlichungs- und Verfahrensbestimmungen abgestimmt: Kundmachungen und Bescheidveröffentlichungen werden in der Steiermark und in Salzburg auf bestehenden Plattformen vorgenommen, währen diese in Tirol auf der „Internetseite des Landes“ erfolgen sollen.

Ebenso wenig wurden einheitliche Fristen für Stellungnahme und Zustellung eingeführt. Die Stellungnahmefristen variieren sehr stark, und reichen von zwei Wochen ab Veröffentlichung des Ermittlungsergebnisses in Salzburg bis hin zur mündlichen Verhandlung in Tirol. Auch die Frage, wie weit zurück Bescheide angefochten werden können, wurde von jedem der drei Bundesländer anders geregelt. In Salzburg können noch Bescheide angefochten werden, die seit dem 20. Dezember 2017 in Rechtskraft erwachsen sind. In Tirol sind es Bescheide, die seit dem 28. März 2018 in Rechtskraft erwachsen sind, und in der Steiermark sind es Bescheide, die seit dem 7. Oktober 2018 in Rechtskraft erwachsen sind.

Völkerrecht wird nicht umgesetzt

Abschließend ist festzuhalten, dass von einer völkerrechtskonformen Aarhus Umsetzung im Naturschutzrecht jede Spur fehlt. Zumindest bei Naturverträglichkeitsprüfungen, die wie Umweltverträglichkeitsprüfungen unter Art 6 sowie Art 9 Abs 2 der Konvention fallen, hätten die Bundesländer eine Parteistellung einfügen müssen. Ebenso hätte man eine Umsetzungsmöglichkeit auch für Unterlassungen, Pläne, Programme und Verordnungen finden müssen, die trotz VwGH-Rechtsprechung (vgl VwGH 19.02. 2018, Ra 2015/07/0074-6) nicht in den Rechtsschutz aufgenommen werden.

Das Auseinanderfallen der verfahrensrechtlichen Regelungen in den einzelnen Bundesländern scheint nicht begründet, und wird zukünftig in der Rechtsanwendung zu Problemen führen. Darüber hinaus ist die gerade erst im Juni vom VwGH entschiedene Frage der Rückwirkung von Rechtsmitteln (vgl VwGH 25.04.2019, Ra 2018/07/0410-9 und Ra 2018/07/0380 bis 0382-9), die das Höchstgericht mit 2009 bemessen hat, in keiner der Umsetzungen berücksichtigt.

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